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Aller

Die Aller stellt mit einer Länge von 260 km und einem Einzugsgebiet von 15.600 km² einen der schönsten Lebensräume Norddeutschlands dar. Sie entspringt in der Nähe von Seehausen in der Magdeburger Börde, durchfließt das nach ihr benannte Elbe-Aller-Urstromtal in Sachsen-Anhalt und Teilen von Niedersachsen und mündet bei Verden in die Weser.

Die Aller und deren Nebenflüsse nehmen etwa die Hälfte der vom Harz abfließenden Wassermengen auf. Die andere Hälfte geht über die Saale und ihre Nebenflüsse in die Elbe. Die wichtigsten und abflussreichsten Nebenflüsse sind dabei die Oker und die Leine.

In ihrem Verlauf hat die Aller ein Gefälle von 160 m. Die Abflussmengen unterhalb der Leinemündung liegen bei bordvollem Abfluss in einer Größenordnung von 215 m³/s, bei extremen Hochwasserereignissen bei ca. 1.400 m³/s. Ihr Überschwemmungsgebiet hat dabei eine Größe von 16.400 ha.

Die Aller spielte in früherer Zeit eine ähnlich bedeutende Rolle als Wasserweg wie die Weser oder die Elbe.

Mit ihren Nebenflüssen erschloss sie ein fruchtbares, schon früh relativ dicht besiedeltes Gebiet, welches den Vorteil der Schifffahrt rege nutzte. Händler versorgten die Siedlungen mit Waren aller Art und große Holzmengen wurden mit Flößen zur Küste befördert. Im hohen Mittelalter (11. bis 13. Jahrhundert) hoben sich die großen und mächtigen Städte wie Braunschweig (an der Oker), Hannover (an der Leine) und Celle als Hauptumschlagsplätze hervor. Diese Städte hatten den Vorteil ihrer Lage erkannt und sich das Recht gesichert, Güter auf dem Wasser umzuschlagen und Zoll zu erheben. Als Schifffstypen etablierten sich in dieser Zeit bis in das ausgehende 16. Jahrhundert lange, flache Kähne, die sogenannten „Eichen“, mit einer Tragfähigkeit bis zu 70 t. Die Kähne wurden gegen die Strömung „getreidelt“ und stromabwärts durch die Strömung (mit „kaltem Druck“) vorangetrieben.

Im 17. Jahrhundert verlor schließlich Celle seine Monopolstellung in der Kornschifffahrt an die wirtschaftliche Übermacht der Hansestadt Bremen.

Boote Aller

Die in dieser Zeit vor allen Dingen durch die Hansestadt Bremen mehrfach unternommenen Anläufe zur Einforderung besserer Schifffahrtsverhältnisse auf der Aller wurden aufgrund sich ständig wechselnder politischer Verhältnisse und Interessen, zum Teil auch kriegsbedingt, immer nur halbherzig in Angriff genommen und blieben meist in ersten Ansätzen stecken. Darüber hinaus rückte bereits in dieser Zeit ein Interessenkonflikt ins Blickfeld, der sich aus der verschiedenartigen gewerblichen Nutzung der Flüsse ergab.

Sie dienten eben nicht nur der Schifffahrt, sondern eben auch dem Betrieb von Wassermühlen, dem Fischfang mit sog. „Fischwehren“ oder der Bewässerung. Mit diesen unterschiedlichen gewerblichen Nutzungen verbanden sich zumeist konträre Interessen. Und nicht selten hatte die Schifffahrt hierbei das Nachsehen. So blieb die Aller über viele Jahrhunderte durch stark schwankende Wassertiefen und ein verwildertes und ständig mäandrierendes Flussbett stets ein unsicherer Transportweg.

Demzufolge blieben auch bis in das 19. Jahrhundert hinein flache Kähne ohne eigenen An-trieb das Hauptverkehrsmittel. Es änderten sich lediglich deren Form und Bauweise. Kähne wie die „Bullen“ (22 x 1,2 m mit 17 t Tragfähigkeit), „Hinterhänge“ (30 x 2 m mit 55 t) und „Böcke“ (32 x 2,5 m mit 60 t) bestimmten zu dieser Zeit das Bild auf den schifffbaren Flüssen. Erst die zunehmende Industrialisierung im 19. Jahrhundert brachte neuen Schwung in die Aller- Schifffahrt.

Vor allen Dingen wirtschaftliche Aspekte, wie Kosten- und Zeitersparnisse, gepaart mit neuen technischen Möglichkeiten und letztendlich dem notwendigen politischen Willen, waren dafür ausschlaggebend, dass vermehrt über Ausbaumaßnahmen an Flüssen nachgedacht wurde.

So richtete die Königliche Generaldirektion des Wasserbaus in Hannover als Vorläufer der heutigen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ab Mitte des 19. Jahrhunderts für den Aller-, Leine- und Okerbereich Wasserbauinspektionen in Hildesheim, Northeim, Celle (1888) und Verden (1864) ein. Hierdurch sollte eine zielgerichtetere Unterhaltung und Schiffbarmachung der Wasserwege erreicht werden.

Den entscheidenden Anstoß für das Aufblühen der Aller- Schifffahrt gab es aber schließlich Ende des neunzehnten Jahrhunderts durch die Entwicklung der Erdöl- und Kaliindustrie im Allertal. 1888 nahm der Privatschifffer Johann Döhling aus Morsum den Frachtverkehr mit der sich in dieser Zeit entwickelnden Dampfschleppschifffahrt und flach gehenden Schleppkähnen bis zu einer Tragfähigkeit von 300 t wieder auf. Es folgte nur ein Jahr später die Gründung der Celler Schleppschifffahrtsgesellschaft. Im Jahr 1903 wurde auf Betreiben Bremer Kaufleute ein Vorentwurf für die Regulierung der Aller im Regierungsbezirk Lüneburg aufgestellt, der deutliche Verbesserungen der Fahrwasserverhältnisse auf der Aller beinhaltete. 1904 folgte der Bau des Hafens in Celle.

Auf dieser Grundlage und eben zur besseren Anbindung der Celleschen Region an die Bremer Seehäfen entschied 1908 die preußische Staatsregierung, für einen Kostenaufwand von 6 Millionen Mark die Aller von der Leinemündung bis Celle mit vier Staustufen zu kanalisieren und unterhalb der Leinemündung, im Bereich der frei fließenden Strecke, die Aller durch Strombaumaßnahmen, wie z. B. durch die Errichtung von Buhnen und Leitwerken so zu regulieren, dass eine Mindestwassertiefe von 1,50 m bei mittlerem Niedrigwasser erreicht wird.

Die Bauarbeiten wurden 1909 begonnen, zogen sich aber kriegsbedingt bis 1918 hin. Dabei wurden die Schleusen in Oldau, Bannetze, Marklendorf und Hademstorf für die damals vorherrschende Schleppzugschifffahrt mit einer Nutzungslänge von 165 m, bei einer Drempeltiefe von 2,50 m ausgelegt. Die geplanten Strombaumaßnahmen im frei fließenden Bereich unterhalb der Leinemündung konnten hingegen nach dem ersten Weltkrieg nicht ganz vollendet werden.

Trotzdem entwickelte sich, gemessen an den Frachtraten, in dieser Phase die Blütezeit der Aller- Schifffahrt. In Spitzenjahren lag die Jahresleistung der transportierten Güter bei rund 130.000 t. Durch die Not nach dem 1. Weltkrieg, dem Darniederliegen des Außenhandels, dem Stagnieren der Kaliproduktion, dem Rückgang der Wietzer Ölförderung aber auch dem Bau des Mittellandkanals ging das Interesse an der Aller zunehmend verloren. Das Ergebnis war ein nur noch sehr unregelmäßiger Verkehr von max. 25 % der Vorkriegszeit. 1940 fand schließlich kriegsbedingt eine Aller- Schifffahrt nicht mehr statt.
Nach dem 2. Weltkrieg erholte sich die Schifffahrt nur langsam. Ein regelmäßiger Verkehr etablierte sich erst wieder ab 1956. Lediglich in den nachfolgenden 12 Jahren fanden auf der Aller noch nennenswerte Güterverkehre, vor allen Dingen Kali- und Getreidetransporte statt. 1969 kam die gewerbliche Schifffahrt schließlich ganz zum Erliegen.

Als Bundeswasserstraße ist die Aller heute der Wasserstraßenklasse II (Typschiff Kempenaar) zugeordnet. Nach der aktuellen Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung sind auch heute noch Fahrzeuge bis 55 m Länge, 6,60 m Breite und einem wasserstandsabhängigen Tiefgang bis zur maximalen Tragfähigkeit von 650 t zugelassen. Allerdings hat die Aller derzeit ausschließlich Bedeutung in der Sportboot- und Fahrgastschifffahrt.

Durch das fehlende wirtschaftliche Interesse der Region an der Güterschifffahrt bei zunehmender Stärkung naturschutzrechtlicher Belange wurden Mitte der 90er Jahre sogar Überlegungen angestellt, die Stauregulierung aufzuheben und der Aller ihren ursprünglichen Verlauf wiederzugeben. Erst nach Auswertung umfangreicher Untersuchungen und sorgfältiger Abwägung der vielschichtigen Randbedingungen entschied der Bund 1997 im Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen den Stau zu erhalten.

Mittlerweile erkennen die anliegenden Landkreise und Gemeinden zunehmend das hohe maritim-touristische Potential der Aller und versuchen dieses durch infrastrukturelle Maßnahmen weiter zu entwickeln. Aufgrund des hohen Alters der knapp 100 Jahre alten Schleusen und Wehre hat das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt Verden aktuell ein umfangreiches Grundinstandsetzungsprogramm eingeleitet, welches die Instandsetzung und teilweise den Neubau der vier Wehranlagen umfasst. Bereits in den Jahren 2006 und 2009 wurden die neuen Schlauchwehre in Marklendorf und Bannetze in Betrieb genommen.