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Talsperrenbewirtschaftung

Das WSA Weser ist zuständig für die  Bewirtschaftung der beiden einzigen bundeseigenen Talsperren (Edertalsperre und Diemeltalsperre). Der Bau der Talsperren ist eng verbunden mit der Planung des Mittellandkanals Anfang des 20. Jahrhunderts. Mithilfe der Talsperren sollte ausreichend Wasser in der Weser zur Verfügung gestellt werden, welches in Minden für die Speisung des Mittellandkanals entnommen werden sollte. So sollte ein Absinken des Wasserstandes in der Weser unterhalb von Minden vermieden werden.

Aufgrund der heutigen Stauregulierung der Mittelweser ist diese Zweckbestimmung für die Talsperren entfallen. Die darüber hinaus bereits beim Bau der Talsperren festgelegten Aufgaben haben auch heute noch Bestand. Somit dient die Bewirtschaftung der Talsperren:

  • der Niedrigwasseraufhöhung der Oberweser
  • dem Hochwasserschutz
  • der Energieerzeugung

Im Laufe der Zeit sind als zusätzliche Nutzungsarten eine umfangreiche Berufs- und Sportfischerei sowie ein starker Fremdenverkehr mit Wassersport, Fahrgastschifffahrt, Badeanstalten, Wochenendbetrieb,Ferienheimen, Hotels, Pensionen und Campingplätzen hinzugekommen. Die
Anforderungen der Nutzer sind nicht immer vereinbar mit der Zweckbestimmung oder den anderen Nutzungsanforderungen. Trotzdem werden die Nutzungsansprüche soweit es möglich ist bei der Bewirtschaftung berücksichtigt.

Im Jahresverlauf sind drei Hauptphasen der Bewirtschaftung zu beschreiben:

  • Hochwasserbewirtschaftung
  • Mindestabgabe
  • Niedrigwasserbewirtschaftung

Aus den Erfordernissen der verschiedenen Phasen und der Zweckbestimmung lassen sich bereits Zielkonflikte erkennen: In Zeiten der Hochwasserbewirtschaftung ist eine möglichst leere Talsperre wünschenswert, zu Beginn der Niedrigwasserbewirtschaftung wird eine volle Talsperre angestrebt. In den Übergängen der Phasen ist deshalb eine besonders sensible und aufmerksame Steuerung erforderlich, um den Ansprüchen gerecht zu werden.

Hochwasserbewirtschaftung
Die Zeit der Hochwasserbewirtschaftung fällt in den Zeitraum vom 1.November eines Jahres bis 1. Mai des darauffolgenden Jahres. In dieser Zeit soll ein Hochwasserschutzraum zum Schutz der Unterlieger vorgehalten werden, um kleine bis mittlere Hochwasserereignisse positiv
beeinflussen zu können. Große oder extreme Ereignisse lassen sich durch die Talsperren kaum beeinflussen, da sie für diesen Zweck zu klein sind.

Um einen sinnvollen Kompromiss zwischen der Niedrigwasserbewirtschaftung und der Hochwasserbewirtschaftung zu finden, wurde für die zwei Talsperren ein variabler Hochwasserschutzraum definiert. Im Laufe der Zeit konnte die Form des Hochwasserschutzraumes mehrfach den aktuell neuen Erkenntnissen angepasst werden.

Bei der Edertalsperre ist der Hochwasserschutzraum zwischen dem 1. November und dem 15. Dezember konstant ca. 70 Mio. m³, danach nimmt die Größe über mehrere Stützpunkte linear ab. Bei der Diemeltalsperre ist der Verlauf ähnlich, wobei der Hochwasserschutzraum bei ca. 7 Mio. m³ am 1. November des Jahres beginnt. Zusätzlich wurde an der Diemeltalsperre ein sogenannter situativer Rückhalteraum von 1 Mio. m³ für die Sommermonate definiert. Sollte die Talsperre in den Sommermonaten sehr gut gefüllt sein, so ist dieser Rückhalteraum beispielsweise freizuhalten bzw. herzustellen, sollten starke Niederschläge im Einzugsgebiet angekündigt sein.

Liegt im Einzugsgebiet Schnee, so soll das im Schnee gebundene Wasservolumen als zusätzlicher Hochwasserschutzraum berücksichtigt werden. Als Richtwert hat sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass für diesen Zweck in der Regel etwa 1/3 des als Schnee liegenden Wasservolumens anzusetzen ist. Auch die Wetterprognose wird für die Ermittlung des freizuhaltenden Schutzraumes berücksichtigt. Werden in den folgenden Tagen positive Tagesmitteltemperaturen unter 10°C erwartet, ist mit einem langsamen Abtauen der Schneedecke zu rechnen. Das Schneeschmelzwasser kann dann über die Kraftwerksturbinen zur Stromerzeugung genutzt werden, da ein Abschmelzen über mehrere Tage stattfinden wird. Anders stellt sich die Situation bei vorhergesagten Temperaturen deutlich über 10°C und eventuell noch erheblichen Niederschlägen dar. Hier kann die gesamte Schneemasse innerhalb weniger Tage abtauen und zusammen mit den Niederschlägen zu einem Hochwasser führen. Bei Erfordernis kann durch eine Vorentlastung hierauf reagiert werden.

Die Einzugsgebiete der Talsperren sind so klein, dass ein gefallener Niederschlag schon am nächsten Tag im Zufluss der Talsperren messbar ist. Daher ist es sinnvoll und notwendig, Wettervorhersagen in die Entscheidung über Bewirtschaftung einzubeziehen. Die Vorhersagesicherheit ist jedoch ein erhebliches Problem, da u.a. die Entscheidung zur Vorentlastung bei großen Niederschlagsmengen hierauf aufbaut. Die Abwägung jedes Einzelfalls sowie die täglichen Kontrollen und Vorausberechnung sind die einzige Möglichkeit, angemessen zu reagieren.

Die Bewirtschaftung der Talsperren wird im Verlauf des Jahres mit dem abnehmenden Hochwasserschutzraum immer schwieriger. Einerseits muss ein ausreichender Schutzraum vorgehalten werden, andererseits soll zum 1. Mai die Vollfüllung der Talsperre erreicht werden.

Ab April kommt ein weiterer Effekt hinzu, der die Steuerung schwieriger macht: Der sogenannte Abflusskoeffizient. Durch ihn wird angegeben, wie hoch der Anteil des gefallenen Niederschlags ist, der vom tatsächlich in die Talsperre reinfließt. 
Aufgrund der zunehmenden Vegetation nimmt der Abflusskoeffizient von fast 100 % im Winter auf bis zu 15 % im Frühsommer ab. Der Verlauf der Abnahme ist in jedem Jahr unterschiedlich und muss bei der Hochrechnung jeweils neu geschätzt werden.

Im Frühjahr und Frühsommer kann es aufgrund der gefüllten Talsperre zu häufigeren kleinen Überläufen kommen. Dabei handelt es sich um planmäßige Überlaufe, durch die keine Gefährdung der Unterlieger entsteht.

Mindestabgabe
Zum 1. Mai sollte der Vollstau möglichst erreicht sein, um für die Niedrigwasserbewirtschaftung ein großes Wasservolumen zur Verfügung zu haben. In der ersten Zeit der Sommermonate wird das Talsperrenwasser i.d.R. noch nicht zur Niedrigwasseraufhöhung der Oberweser benötigt, da die erforderlichen 120 cm am Pegel Hann. Münden auf natürlichem Wege erreicht bzw. überschritten werden.

In dieser Phase wird das ökologische Minimum aus den Talsperren abgegeben. Dies ist eine Abgabe von 6 m³/s an der Edertalsperre und 1 m³/s an der Diemeltalsperre.

Da die natürlichen Zuflüsse in die der Talsperren in dieser Zeit bereits die Mindestabgabe meistens unterschreiten, sinkt der Wasserspiegel in den Staubecken kontinuierlich um einige Zentimeter täglich.

Niedrigwasserbewirtschaftung
Wenn der langfristige Mindestwasserstand am Pegel Hann. Münden von 120 cm (bzw. 111 cm am Pegel Karlshafen) durch die natürlichen Zuflüsse aus der Werra und Fulda nicht mehr erreicht wird, erfolgt eine Erhöhung der Abgabe aus den Talsperren. Im Tagesmittel sollen die
Mindestwasserstände an den Pegeln eingehalten werden. Diese dritte Phase der Talsperrenbewirtschaftung ist teilweise durch erhebliche Wasserabgaben aus den Talsperren geprägt.

Ein Pegelstand von 120 cm in Hann. Münden entspricht einem Abfluss von ca. 55 m³/s Wasser. In sehr trockenen Zeiten kommen davon bis zu 30 m³/s aus der Edertalsperre.

Obwohl durch die tägliche Abgabenplanung versucht wird, den Pegelstand in der Oberweser möglichst genau zu halten, kommt es doch gelegentlich zu kleineren Schwankungen. Dies kann an örtlichen Starkregenereignissen oder Abflussschwankungen aus den anderen Zuläufen liegen. Besonders die Wasserkraftbetreiber können durch unsachgemäße Kraftwerkssteuerung hier häufiger besondere Schwierigkeiten bereiten. Für die Schifffahrt sind dabei Sunkwellen (also kurzfristige Wasserspiegelabsenkungen) besonders problematisch. Die Auswirkungen solcher Ereignisse reichen von Fahrzeitverlängerungen bis zu erheblichen Schäden an den Schiffen.

Durch die Unsicherheit der Wettervorhersagen und die geringe Abflusswirksamkeit von Regenspenden in den Sommermonaten können Niederschläge erst dann als abflusswirksam ansetzt werden, wenn sie tatsächlich gefallen sind und im Gewässer als zusätzlicher Abfluss zu messen sind. Erfahrungsgemäß kann bei Sommerniederschlägen der Bedarf an Edertalsperrenwasser kurzfristig drastisch zurückgehen, aber nach Ende der Niederschläge fast genauso schnell wieder ansteigen. Dies bedeutet in der Folge erhebliche Schwierigkeiten, den angestrebten Pegelstand in Hann. Münden zu treffen. Kurzfristige Überschreitungen des Zielwertes von 120 cm sind die sichtbare Konsequenz aus den ungleichförmigen Abflüssen. In längeren Trockenwetterphasen ist es daher möglich, den Tagesmittelwert der Zielpegel erheblich genauer einzuhalten als bei einsetzenden Niederschlägen und wechselnden Wetterlagen.

In einem besonders trockenen Jahr (wie 2003) wird ggf. entschieden, den Zielwasserstand an den Pegeln in Abstimmung mit der Berufsschifffahrt zu reduzieren. Im Jahr 2003 erfolgte dies schrittweise von 120 cm auf 115 cm und später sogar auf 110 cm. Damit konnte die Schifffahrt
mehrere Wochen länger, wenn auch unter erheblichen Einschränkungen, weiter betrieben werden.

Sinkt der Inhalt der Edertalsperre unter 40 Mio. m³ (Diemeltalsperre 5 Mio. m³), ist besonders sparsam zu bewirtschaften. Dies bedeutet, dass meist nur noch die Abgabe des ökologischen Minimums (Edertalsperre 6 m3/s, Diemeltalsperre 1,0 m³/s) möglich ist.

Erreicht das Volumen das Absenkziel (20 Mio. m³ Edertalsperre, 3 Mio. m³ Diemeltalsperre), dann reduziert sich die Abgabe aus der Talsperre auf den Zufluss in die Talsperre.